Loveparade 2006 - 1 Millionen Raver
feierten
Körperkult vs. Peinlichkeit, Musikfreunde
vs. Gammelchiller
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Nach 3-jähriger Pause meldete sich
die Loveparade 2006 mit ihrem Motto "The love is back" in
Berlin wieder zurück. Andere Musikgenres fanden entgegen der
Vorankündigungen des Veranstalters keinen Platz.
Dennoch feierten Musikfreunde, also Raver, Techno-, Schranz- &
Dancefloor-Freaks all over the world ihr ganz persönliches Fest.
Laut Polizei kam es kaum zu nennenswerten Ausschreitungen, insgesamt
ein friedliches Fest.
Logisch, die Straße des 17 Juni *), rund um die Siegessäule
(von den Berlinern auch "Goldelse" genannt) und im gesamten
Tiergarten, waren fast alle Straßenschilder und Verkehrsampeln
demoliert und das gesamte Areal quasi zugemüllt. Nach dem der
Loveparade 2006 erstmalig der Status einer politischen Demonstration
aberkannt wurde, müssen nun die Veranstalter für die Müllentsorgungskosten
und Sachbeschädigungen aufkommen. |
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Die Mehrheit der Berliner
Bürger wollte das Fest nicht mehr in ihrer Stadt haben.
Eine 66-Jährige Berlinerin sagte uns: "Obwohl ja meine
Gläser im Wohnzimmerschrank vom Bass wackeln, stört
mich das Fest nicht allzu sehr. Der Müll wird ja wieder
weggeräumt. Ich möchte nur nicht, dass Jugendliche
Drogen nehmen!"
Wie viele Drogen tatsächlich gehandelt und konsumiert wurden,
kann nur grob geschätzt werden. Ein Rückgang war aber
in jedem Fall erkennbar, da immer mehr "Normalos"
von Besuchern das Fest dominieren. |
Fast hat man den Eindruck die Musik
sei nur ein vorgeschobener Grund für die eigene zelebrierte
Selbstdarstellung und viele kamen nur zum Gucken. Viele Berliner
taten dies auch, egal welchen Alters!
Genügend Prachtkörper schoben sich durch die Straßen.
Die Grenze zum Kitsch und zur Peinlichkeit war aber leider fließend
und in allen Variationen vertreten.
Männer in kitschigen rosa Plüschoutfits und Damen
mit neonfarbenen Feder-Shirt- und Miniröckchen Ausstattung
- trotz Hängebusen und Wohlstandsbauch und Zellolite -
das alles in vier Kleidergrößen zu klein. Aber egal!
Erlaubt ist was gefällt.
Sehr viele nutzten jedoch ihre Zeit ausschließlich zum
Genuß von Alkohol und Drogen und bevölkerten die
Grünanlagen im Tiergarten zum "Chillen" wie das
rumhängen auf neudeutsch bezeichnet wird. |
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Bild: Entwicklung Besucherzahlen bei der Loveparade in Berlin
(1998-2006)
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Wie viele Menschen zur
Loveparade 2006 kamen ist unklar. Die Schätzungen seitens
der Polizei und des Veranstalters gehen sehr weit auseinander.Die
Polizei spricht von nur 500 Tausend. Es dürften aber etwa
doppelt so viele als 2003, also etwa 1 Millionen gewesen sein.
Ein großer Minuspunkt war die Ausstattung mit WC-Anlagen.
Dixie-WCs waren zwar vorhanden, pro Häuschen gab´s
aber nur zwei Rollen WC-Papier und das war eindeutig zu wenig.
Ob es eine Loveparade 2007 geben wird, ist bis zur Stunde noch
unklar, das wird sich der Berliner Senat noch sehr genau überlegen.
Für mich war´s aber auf jeden Fall ein klasse Fest.
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*)
Straße des 17. Juni
Bis zur deutschen Wiedervereinigung feierte man in Westdeutschland
den 17. Juni als "Tag der Deutschen Einheit". An diesem
Tag hatten 1953 in der DDR sowjetische Panzer einen Aufstand von
mehr als einer halben Million Menschen gegen das SED-Regime niedergeschlagen.
13.000 Menschen wurden im Auftrag der SED als "Rädelsführer"
verhaftet. Die Zahl derTodesopfer wird auf etwa 125 geschätzt.
Bericht:© Michael Schiller, Juli 2006
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